„KI steht als Basistechnologie auf einer Stufe mit der Dampfmaschine“
„Wöchentlich, manchmal sogar täglich oder stündlich, kommt etwas Neues um die Ecke“, sagt Professor Holger Hanselka, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft über die Innovationsgeschwindigkeit in der generativen KI. Angesichts der hohen Investitionen in diese Technologie in den USA und China sowie der dort verfügbaren Rechenleistung und Arbeitskräfte hat Deutschland es schwer, bei der Entwicklung grundlegend neuer Modelle mitzuhalten, so Hanselka. Um dennoch im Technologiewettlauf bestehen zu können, sollte Deutschland die Entwicklung kleinerer, energie- und kosteneffizienter KI-Lösungen vorantreiben, die spezifisch für bestimmte Anwendungsgebiete trainiert sind.
In der Gesellschaft beobachtet Hanselka eine Skepsis gegenüber der Nutzung von generativer KI. „Die Eigenart unserer Nation ist, dass wir erst mal Bedenkenträger sind.“ In der Industrie finde sich allerdings zum Teil das genaue Gegenteil – insbesondere etablierte Unternehmen mit eigenen Forschungslaboren seien bereits mit hoher Geschwindigkeit unterwegs, generative KI-Anwendungen zu entwickeln. Auch in mittelständischen Unternehmen gebe es unzählige Möglichkeiten, Prozesse mithilfe von KI zu automatisieren und so die menschliche Produktivität zu steigern.
Hanselka sieht in der generativen KI einen enormen Beschleuniger, der auf einer Stufe mit anderen Basistechnologien wie der Dampfmaschine steht, von dem wir allerdings eher langfristig als kurzfristig profitieren werden. „Dummerweise geht dem Menschen die Lust und das Geld aus, wenn man nicht zwischendurch auch einen Zwischenerfolg hat“, so Hanselka. Es sei aber wichtig, die langfristige Strategie nicht aus den Augen zu verlieren und an die Zukunft der Technologie zu glauben, wie es zum Beispiel Elon Musk und andere erfolgreiche US-amerikanische Unternehmer vorleben. Auch China verfolge eine langfristige Strategie.
Derzeit fehle es vor allem im Mittelstand noch an den notwendigen Kompetenzen und Kapazitäten, um sich mit der Technologie auseinanderzusetzen. Hier könne der Staat gezielt Innovationen fördern, etwa indem er als „Ankerkunde“ kleine und große KI-Anbieter mit der Modernisierung der öffentlichen Verwaltung mithilfe von KI-Anwendungen beauftrage. Hanselka sieht die Politik in der Pflicht, die Rahmenbedingungen und Leitplanken auf eine Weise zu setzen, dass Innovation und Disruption nicht durch zu restriktive regulatorische Hürden behindert werden.
Die Folge ist Teil unseres Podcasts „Künstliche Intelligenz“. Er geht den Fragen nach, was KI kann, wo sie angewendet wird, was sie bereits verändert hat und welchen Beitrag sie in der Zukunft leisten kann. Hosts des Podcasts sind Peter Buxmann, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik an der TU Darmstadt, und Digitalwirtschaft-Redaktionsleiter Holger Schmidt. Die Podcast-Folgen erscheinen jeweils am ersten Mittwoch im Monat.
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